1904 wird in die Klinik Burghölzli, wo Carl Gustav Jung als Psychiater arbeitet, eine junge Frau eingeliefert: Sabina Spielrein, 19 Jahre, leidet an zwanghaften hysterischen Lachanfällen. Die Mutter ist aus lauter Verzweiflung mit ihrer Tochter aus Rostow, Russland bis nach Zürich gereist. Jetzt setzt Eva Spielrein alle Hoffnungen in den Freud-Schüler und inzwischen selbst berühmten Therapeuten. Die temperamentvolle, kluge Sabina entwickelt im Zwiegespräch mit ihrem „Schatten“ rasch die fixe Idee, den zehn Jahre älteren, verheirateten Mann und Vater zweier kleiner Töchter zu verführen und zu ihrem Geliebten zu machen. Jung, der mit seiner aus wohlhabender Familie stammenden Frau Emma offensichtlich eine erkaltete Vernunftehe führt, verfällt der erotischen Anziehungskraft und dem intellektuellen Charisma seiner Patientin. Nach vierjähriger Enthaltung während der Analyse – so hatte es ihm sein „Schatten“ geraten – brechen die unterdrückten Gefühle zwischen den beiden schließlich hervor. Die Option einer Ménage à trois muss indes scheitern: Einerseits ist Emma für ein solches Experiment zu bürgerlich-konservativ, andererseits begreift Sabina, nachdem Jung bereit war, ein eventuelles gemeinsames Kind, Siegfried, abzutreiben, dass dieser Mann für sie „eine gefährliche Droge“ ist. Am Ende befreit Sigmund Freund durch ein persönliches Gespräch mit seinem Schüler und einen Briefwechsel mit Sabina alle Beteiligten aus einer verstrickten, zerstörerischen Situation.
Sabinas Verlangen führt in intensiven Dialogen die zeitlose Sehnsucht nach bedingungsloser Liebe und die symbiotische Vision einer absoluten körperlich-seelischen Nähe vor Augen. Mit der Wahl der Protagonisten, Sabina Spielrein und Carl Gustav Jung, wird zugleich historisches Zeitgeschehen, schwelender Antisemitismus und eine der spektakulärsten Affären der Kulturgeschichte auf die Bühne gebracht. Joshua Sobol erinnert mit diesem affektgeladenen Text eindringlich an eine starke Frau, deren Schaffen durch die Nationalsozialisten ein brutales, vorzeitiges Ende fand. Sabina Spielrein war nicht nur eine der Geliebten Carl Gustav Jungs, sie war vor allem die erste promovierte weibliche Psychoanalytikerin. 1942 wurde sie gemeinsam mit ihren beiden Töchtern von SS-Soldaten ermordet.
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