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Khaïr-Eddine, Mohammed

Der Ausgräber
(Le Déterreur)

Sprechtheater
Schauspiel

Übersetzer:in(nen): Heieck, Steffen

Originalsprache: Französisch
Besetzungshinweis: frei zur szenisch-performativen Anverwandlung

Zusatzinformation: Flammende, ebenso surreale wie präzise Anklage eines kolonialistischen Europa. Endlich - schon 1973 - ein Werk, das "abendländischem" Narzissmus und Rassismus und jeder Geilheit auf fossile Energien das Wasser abgräbt.

Aufführungsgeschichte:
Erschienen bei Éditions du Seuil 1973 / Verlag Donata Kinzelbach Mainz 1996
Neue Pegasus Berlin 2023
Frei zur UA

In TTX seit: 30.03.2023

Geboren in Tafraout/Marokko 1941 lebte Mohammed Khaïr-Eddine von 1965 bis 1979 in Paris. 1995 verstarb er in Rabbat/Marokko. 1973 erschien LE DÉTERREUR bei den Éditions du Seuil.
Seine Werke sind flammende, ebenso surreale wie präzise Anklagen eines kolonialistischen Europa - getragen von Erzähler-Figuren, die jene Bilder "des Wilden" und "Kannibalen" polemisch und obsessiv am eigenen Leibe durchexerzieren: Der Erzähler in DER AUSGRÄBER hat in den Kohleminen Frankreichs geschuftet, gräbt sich Höhlen in den Schutthalden der Welt und verbindet mit Tunnelsystemen die Szenerien seinens Anti-Kosmos: Zwischen buchstäblichem Leichenschmaus, Leben in den Arbeiter-Slums/-Banlieues und (alb-)traumhaftem Zoobesuch entsteht ein "Weltbild", das allen "Völkerschauen" und Exotismus-Vorlieben des "Abendlandes" endlich das Wasser abgräbt.

„Ganze Steinkohlejahrhunderte habe ich aus der Erde geholt. Die Arbeit putzte mich heraus, ich war ein Möbelstück von Großbürgern geworden. Ich nehme an, dass die Regierenden der Industrieländer im Augenblick andere Möbel an meiner Stelle einsetzen … Ich war Berber und bin es nicht mehr. … Ich bin inmitten von Kaktusblüten geboren. Denselben, die von Club Méditerranée-Prospekten gepriesen werden. Den … Arbeiter will man noch nicht loswerden! Sie ertränken ihn in der Sonne, der schönen lausigen Sonne der Strände des Südens. Sie richten ihn hin mit seinen Ersparnissen, indem sie ihn in sogenannten „gemäßigten“ Regionen herumwandern lassen, deren Völker werden jedoch an der Leine geführt oder an die morschen Planken von Maximen genagelt, die der Westen selbst auf seinem eigenen Floß nicht anerkennt.“

Sowohl im französischen Original als auch in der vorliegenden Übersetzung wird das N-Wort ausbuchstabiert und kommt auch in Komposita vor. Mutmaßlich spiegelt der Erzähler in dieser Wortwahl den Rassismus europäischer Gesellschaften und ihrer Kolonialgeschichte wieder. Auch das am „eigenen Leibe“ des Erzählers ausgemalte Bild eines „Kannibalen“ wirft dem „Völkerschau“-Blick eines kolonialistischen Publikums jene Bilder zum Fraß vor, die es sich selbst jahrhundertelang serviert hat.
Inwieweit hierin auch eine Abgrenzungsrhetorik gegenüber Menschen aus Subsahara-Regionen zum Ausdruck kommt und nicht restlos durch die „Guerilla-Linguistik“ (Lynne Rogers nach Julia Kristeva*) des Autors gebrochen wird, bleibt der kritischen Lektüre einer maximal diversen Leser*innenschaft und kritischen Performer*innen überlassen.
*Lynne Rogers. The Guerilla Linguistics of Mohammed Khaïr-Eddine / In: John C. Hawley (Ed.).
Writing the Nation – Self and Country in the Post-Colonial Imagination: Amsterdam – Atlanta 1996

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