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Molière

Die Schule der Frauen
(L'école des femmes)

Sprechtheater
Komödie

Übersetzer:in(nen): Kohlmayer, Rainer

Werkangaben: Komödie in 5 Akten
Dekorationshinweis: 1 Dekoration
Besetzung: 2D, 7H

Bstnr/Signatur: 746

In TTX seit: 12.03.2009

Das Stück ist Molières erste große Verskomödie, mit dem ihm der entscheidende Durchbruch vom genialen Schauspieler und Theatermacher zum großen Theaterdichter glückte, aber auch die erste große Charakterkomödie Molières; es handelt von einem Besessenen, der nichts Geringeres vorhat als die endgültige Domestizierung der Erotik. Der 42jährige Junggeselle und stadtbekannte Spötter Arnolphe war schon immer empört über die Untreue der Ehefrauen und die windelweiche Charakterlosigkeit der Ehemänner in Paris. Um nicht in dieselbe Ehefalle zu tappen, ging er strategisch vor. Er adoptierte ein armes, vierjähriges (!) Bauernkind, ließ es dreizehn Jahre lang in einem abgelegenen Kloster zu Gehorsam und völliger Idiotie ("la rendre idiote autant qu'il se pourrait", Vers 138) erziehen. Jetzt, zu Beginn der Komödie, ist das Mädchen siebzehn und reif für die Ehe: sie hat die nötige Unschuld, Unwissenheit und Unterwürfigkeit.

ARNOLPHE. Jetzt ist sie reif, um in den Ehestand zu treten.
Ich kann sie wunschgemäß nach meinem Willen kneten;
wie weiches Wachs ist sie in meine Hand gelegt,
und wird, ganz wie es mir gefällt, geformt, geprägt.

Ein machistisch-inzestuöser Wunschtraum soll in Erfüllung gehen - und wird, zum Staunen und Vergnügen der Zuschauer, zum Alptraum für den Besessenen. Er erlebt, wie sich Agnès ihrer Lage bewusst wird, wie sie einen eigenen Willen entwickelt und sich aus dem patriarchalen Gefängnis zu befreien versucht. Die Zuneigung zu Horace ist nur der Auslöser dieses zutiefst rührenden Erwachens, das sowohl ein Erwachen der Sinnlichkeit als auch der geistigen Unabhängigkeit ist.

AGNÈS. Ich glaube, meine Dankesschuld ist nicht so groß.
ARNOLPHE. Ein Kind aufziehen zählt nicht? Ich bin fassungslos!
AGNÈS. Das haben Sie auch wahrlich prima hingekriegt,
mich lernen lassen, wie man näht und stickt und strickt!
Glaubt man, ich wäre stolz und merkte nicht hier drin
in meinem Kopf, dass ich eine Idiotin bin?
Ich schäme mich für mich; und fang jetzt langsam an,
nicht mehr das Dummchen sein zu wollen, wenn ich kann.

Molière hat die naive Kindfrau Agnès mit einer Zartheit gezeichnet, wie sie in seinem Werk einmalig ist. Man darf vermuten, dass das Herzblut dafür mit Molières Heirat zu tun hatte. 1662 heiratete er nämlich Armande Béjart, die blutjunge Schwester (oder Tochter, wie manche behaupten) seiner bisherigen (und künftigen) Schauspieler-Partnerin Madeleine Béjart. In Arnolphe malt er den Alptraum eines Mannes, dessen Versuch, sich eine totalitäre Liebe zu erzwingen, kläglich scheitert. Das Stück ist eine der großen Komödien der Weltliteratur, nicht nur weil es mehrmals auf der typisch Shakespeareschen Kippe zwischen Komik und Katastrophe balanciert, sondern auch wegen des psychologischen Scharfsinns, mit dem Molière die faschistoiden Gewalt- und Besitzfantasien Arnolphes ins Spiel bringt.

Die Rolle des Arnolphe ist die größte und anstrengendste Rolle, die Molière je schrieb und spielte, eine der Paraderollen der großen französischen Schauspieler; ich kenne keine Rolle, die so vielfältige emotionale Facetten hat.

Aber das Stück bietet natürlich auch die typisch Molièreschen burlesk-komischen Szenen, die Lachsalven auslösen können: die schrillen Auftritte des 'Clowns'- Pärchens Alain und Georgette, die Szene des Notars mit seinem Fachjargon, die berühmte (und skandalöse) Inquisitionsszene, wo Arnolphe, hin- und hergerissen zwischen Eifersucht und Neugier, ganz genau wissen will, was zwischen den beiden Liebenden vorgefallen ist.

Schließlich ist das Stück spannend wie ein Krimi; erst an der verzweifeltsten Stelle, wo alles verloren scheint, kommt die sensationelle Deus-ex-machina-Lösung, die geradezu spielerisch-kabarettistisch wirkt, eine Pirouette des Rettungsboots, während Arnolphes wahnwitzige "Titanic" gerammt und versenkt wird.

(Rainer Kohlmayer)


RAINER KOHLMAYER, Herausgeber der Zeitschrift >Die Schnake

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