Die Erbschaft
(Le legs)
Sprechtheater
Einakter, Komödie
Übersetzer:in(nen): Scheffel, Gerda
Werkangaben: Komödie in einem Akt
Dekorationshinweis:
1 Dekoration
Besetzung:
3D,
3H
Bstnr/Signatur: 388
In TTX seit: 27.03.2003
Stärker noch als in den meisten seiner anderen Werke hat Marivaux hier die beiden entscheidenden Beweggründe menschlichen Handelns, Geld und Liebe, miteinander verknüpft: Ein Marquis hat eine beträchtliche Summe (600.000 Francs) geerbt mit der Auflage, eine junge Frau, Hortense, zu heiraten oder ihr andernfalls ein Drittel der Summe abzugeben. Obwohl beide anderweitig lieben, wollen sie das Geld jedoch nicht verlieren. Wie groß nach heutiger Währung diese Summe ist, läßt sich nicht berechnen, doch allein die Tatsache, daß die vom Marquis geliebte Gräfin wegen des zweihundertsten Teils der Summe (1.000 Francs) einen Prozeß führt, ist ein Hinweis auf ihre Höhe. Geldgier also bestimmt das Verhalten der Beteiligten, die sich in einem dichten Netz von Lügen und Falschheit verfangen.
Die einzige Person, die sich eine gewisse Distanz zu dem dubiosen Spiel bewahrt, die Gräfin, kann sich ihre Überlegenheit allein auf Grund ihres Reichtums und ihres Standes leisten. Der Diener Lépine sagt es ihr deutlich genug: "Ihre edle Gräfinnenseele empört das; aber nicht jeder ist Gräfin."
Bei aller scharfen Gesellschaftskritik denunziert Marivaux seine Figuren jedoch nicht. Auch der verbissene Kampf von Hortense um das Geld wird verständlicher, wenn man die damalige Situation der Frauen von Stand in Betracht zieht, die keinerlei Möglichkeit hatten, auf anständige Weise zu Geld zu kommen. Dazu bietet sich für sie hier die erste und letzte Gelegenheit in ihrem Leben. Außerdem ist der Mann, den sie liebt, ein Chevalier, das heißt, der Jüngste einer adligen Familie, der vom elterlichen Vermögen nur ein unbedeutendes Pflichtteil erben wird.
Marivaux hatte in seinem Vorwort zu den "Unbedachten Schwüren" erklärt: "Man schreibt fast nie, wie man spricht: das Abfassen eines Textes gibt dem Geist eine andere Wendung." Deshalb wollte er "die Sprechweise der Menschen" in seine Komödien einführen.
In der "Erbschaft" erreicht diese Absicht ihren Höhepunkt. Meisterhaft wird hier Unsicherheit, Verdrängung, Verlogenheit, Ungeschick durch Sprache kenntlich gemacht. Mit Hilfe von Wortwiederholungen oder auch Wiederholungen halber Sätze glauben die Sprechenden, sie könnten den andern - und auch sich selbst - besser überzeugen. Geantwortet wird weniger auf das, was der Gesprächspartner gerade gesagt hat, als vielmehr auf das, was man aus seinen Worten herausgehört hat. Häufig wird überhaupt kein Bezug darauf genommen in der Annahme, daß es nicht so gemeint war, oder weil man mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt ist und nicht zuhört. Auch die Logik entspricht der einer tatsächlichen Gesprächssituation: "Spricht sie mit Ihnen nie über mich? Was sagt sie?"
Auch wenn Paul Watzlawick den Marquis gewiß nicht gekannt hat, stellt er ihn 250 Jahre später in seiner bekannten "Geschichte mit dem Hammer" ("Anleitung zum Unglücklichsein") unverkennbar dar: Ein Mensch, der sich in die fixe Idee verbohrt hat, er wisse genau, was der andere denkt und fühlt, und daraus seine Schlüsse zieht.
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