Der Präsident
Sprechtheater
Schauspiel
Besetzung:
3D,
3H
Besetzungshinweis: Nebenrollen
Publikation: WA Band 16, Suhrkamp Verlag 2004; suhrkamp taschenbuch 1534, Stücke 2, 1999
Aufführungsgeschichte:
UA: UA: Burgtheater Wien 17.5.1975 Regie: Ernst Wendt
DEA: DEA: Württembergisches Staatstheater Stuttgart 21.5.1975 Regie: Claus Peymann
In TTX seit: 27.03.2001
Sie ist schwer getroffen, ihr geliebter Hund starb bei dem Attentat an Herzversagen. Ihre Sorgen kreisen um die intellektuellen Anarchisten, hat sich ihnen der eigene Sohn angeschlossen? War er möglicherweise am Attentat beteiligt? Ihr Frust findet Ausdruck in gemeinen Angriffen auf die stumme Angestellte Frau Fröhlich. Die nervöse Tatenlosigkeit der Präsidentin kreist um den leeren Hundekorb, die Angst wächst im Zentrum der Macht, das einem Vakuum gleicht. Wer im Staat fühlt sich noch von den Entscheidungsträger:innen repräsentiert?
Der Präsident kommt im zweiten Teil von Thomas Bernhards selten aufgeführtem Theaterstück ausschweifend zu Wort. In einem vornehmen portugiesischen Küstenort prahlt er vor seiner Geliebten, einer jungen Schauspielerin, vor Diplomaten und Offizieren mit seinem Aufstieg von ganz unten, aus einem stumpfsinnigen und lieblosen Umfeld. Er lobt das Amüsement wie vor 50 Jahren und merkt nicht, wie seine Begleiterin ihn ausnimmt. Er analysiert Hass und Vernichtungswillen des Sohns und der Anarchisten – im fünften und letzten Bild liegt er tot aufgebahrt.
Die Uraufführung 1975 am Burgtheater und die kurz darauffolgende deutschsprachige Erstaufführung in Stuttgart zeigten in ihrer Gegensätzlichkeit das Virtuelle des Stücks. Konzentrierte sich Ernst Wendt in Wien auf die Themen Tod, Terror und Verfall der Macht, inszenierte Claus Peymann seine Premiere am ersten Tag des Stammheim-Prozesses mit großer Leichtigkeit und operettenhaftem Überschwang. Thomas Bernhards Stück ist sowohl scharfsinnige politische Diagnose als auch komisches Psychogramm eines Autokraten und der Profiteur:innen in seinem Umkreis. Von der Hybris der Mächtigen und der Mutlosigkeit der Eliten erzählt es und von der gewaltsamen Auflehnung der Menschen, die sich nicht repräsentiert oder gesehen fühlen.
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