Ein Staatsanwalt bricht aus seinem wohlgeordneten Leben aus. Er befreit sich von den Fesseln seiner erkalteten Ehe, vor allem aber von der Gleichförmigkeit eines Alltags, dessen Ordentlichkeit er als erstickend und menschenfeindlich erlebt. Die Suche nach Freiheit führt über Leichen. Im wahrsten Sinne des Wortes: Er entdeckt die Axt als Instrument der lustvollen Überwindung des bürgerlichen Daseins. Damit wird er von den Menschen als der mythische Graf Öderland erkannt, der mit der Axt in der Hand mordend durch die Lande zieht. Aus der rein individuellen Befreiung wird unverhofft eine Rebellionsbewegung. Viele sehen in ihm eine charismatische Führungspersönlichkeit. Ein Anhänger bringt es auf den Punkt: »Es muss etwas geschehen.« Was geschehen muss, bleibt allerdings immer etwas unklar, was seinem Aufstieg allerdings nicht schadet. Ganz im Gegenteil, am Ende wird er Regierungschef und landet damit eigentlich wieder genau in der Unfreiheit, der er entrinnen wollte.
Es geht um die Revolution als Dilemma: »Wer, um frei zu sein, die Macht stürzt, übernimmt das Gegenteil der Freiheit, die Macht.«
Mit »Graf Öderland« beschreibt Max Frisch den hauchdünnen Boden, auf dem unsere zivilisatorischen Errungenschaften stehen. Da braucht nur ein Riss aufzugehen, und unsere mühsam verhandelten Konstruktionen und Verabredungen brechen zusammen wie ein Kartenhaus.
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