Traurigkeit & Melancholie
oder Der aller aller einsamste George aller aller Zeiten
Sprechtheater
Komödie, Monolog, Schauspiel
Werkangaben: Fragment
Besetzung:
1H
Besetzungshinweis: Ad libitum
Bstnr/Signatur: 4427
Aufführungsgeschichte:
UA: 10.06.2015, Theater Bonn, R: Mina Salehpour
In TTX seit: 29.09.2017
Ein großes, weises, urkomisches Fragment von Bonn Park.
Der unendliche Kreis der Sprache
Bonn Parks Sprache hat den Charakter beckettscher Auslassung im Krokantmantel joycescher Monologie. Die Parkschen Figuren kennen kein Schweigen, kennen aber das Los der Wiederholung. Seine Figuren, die mehr Sprecher weniger Sprachrohr sind, kreisen um das immergleiche Dilemma der Existenz. Wie Thomas Bernhard, der selbst ein einziger Monolog war, mal so genial schrieb „Die Existenz ist wohlgemerkt immer Ablenkung von der Existenz.“, und so kreist auch Bonn Parks Sprache um das Eigentliche, das Dilemma der Leere unserer Existenz. Doch dabei versteht er es genial und maßlos zu übertreiben, wie sollte es auch anders sein für das Theater. Seine Stücke erzählen von absurden Situationen, von Vergangenem wie Zukünftigen in seinem ganz eigenen, magischen Kosmos. Es kommen bei ihm hochranginge Politiker genauso zum Sprechen, wie Banker, Superheldenanwärter oder Schildkröten. Doch Parks Übertreibungen führen nicht an die Spitze des Eisbergs, sondern zielen unter die Wasseroberfläche, nämlich dorthin wo der Berg ungeahnte und schreckliche Ausmaße annimmt. Und wäre der Eisberg ein hohler Kegel, so umkreisen die Parkschen Wortkaskaden am Rande seines größten Durchmessers eine endlos schwarze Leere. Um dieses schwarze Loch schleppt sich auch das älteste Geschöpf auf Erden, die Schildkröte George aus Parks „Trauer und Melancholie“. Ein Lebewesen, 100.000 Jahren auf dem Buckel tragend, das sich nichts sehnlicher wünscht, als vom Leben loslassen zu dürfen. George hat bereits alles gesehen, auch alles gegessen, alles geliebt und alles gehabt, nur das Sterben gelingt ihm nicht. So muss das Leben ewig weitergelebt werden. Eine Qual oder eine Quelle von Komik? Bei Bonn Park trifft Letzteres zu. Auf den immergleichen Bahnen umkreist George seine eigene Existenz und doch schafft er es nie zur Mitte. Parks Sprache kaschiert das voller Witz, absurder Fantasie und herrlich schrägen Wortkombinationen. Aber auch seine kühle und coole Analyse des Daseins-Dilemmas und der Realität, sorgt für die Bernhardsche Ablenkung. Seine Sprech- und Hörartistik mixt kaleidoskopisch die komisch-melancholische Intentionen seiner Sprecher-Figuren und so wird Sprache zu einem Mittel, um die Unendlichkeit und Widersprüchlichkeit von Fantasie und Realität greif- und erfahrbar zu machen.
David Schliesing, Lt. Schauspieldramaturg, Theater Magdeburg
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