<
Enquist, Per Olov

Aus dem Leben der Regenwürmer
(Fran Regnormarnas Liv)

Sprechtheater
Schauspiel

Übersetzer:in(nen): Gundlach, Angelika

Dekorationshinweis: 1 Dekoration
Besetzung: 2D, 2H

Publikation: Spectaculum 40, 1984

Aufführungsgeschichte:
UA: UA: Königliches Theater Kopenhagen 5.9.1981 Regie: Klaus Hoffmeyer
DEA: DEA: Bayerisches Staatsschauspiel, Residenztheater, München 4.5.1984 Regie: Ingmar Bergman

In TTX seit: 27.03.2001

Hans Christian Andersen (1805 – 1875) hat sich auch als Stückeschreiber versucht. Merkwürdig, ein Mann, der der Nachwelt wegen seiner Märchen in Erinnerung geblieben ist, setzt seinen Ehrgeiz und seine Hoffnungen darauf, auf dem Theater erfolgreich zu sein.
Andersen stammte aus kleinen Verhältnissen und suchte bürgerliche Wertschätzung. Er verkehrte im Haus Johann Ludwig Heibergs, eines aus bestem Bildungsbürgertum stammenden Kritikers und Dramatikers, der später auch Direktor des Königlichen Theaters in Kopenhagen wurde. Heibergs Drama Elverhøi wurde zum Nationalschauspiel gekürt und seine Abhandlungen zu ästhetischen Fragen bestimmten maßgeblich die biedermeierlich-romantische Kunstauffassung seiner Zeit. Hier findet Enquist den Konflikt. Und es ist Heibergs Frau, Johanne Luise, zunächst Schauspielerin, dann Regisseurin und Autorin, die im Gegensatz zu Andersen den Aufstieg aus elenden Verhältnissen an die Spitze des dänischen Kulturlebens unsentimental und selbstkritisch reflektiert. Die Tatsache ihrer ›fragwürdigen‹ Herkunft, die sie in der posthum veröffentlichten Autobiographie unumwunden zugibt, war zu ihren Lebzeiten gerüchtweise bekannt. Ihren Vater kannte man nicht. Das führte zu Spekulationen, weil Heiberg 21 Jahre älter war und es zwischen beiden eine auffällige Ähnlichkeit gab. Enquists Andersen hat von all diesen Dingen gehört, aber da er im Ehepaar Heiberg seinen Traum von der Liebe, von der idealen privaten Beziehung sah, hat er das alles verdrängt. Im Verlaufe des Stücks verliert Andersen seine romantisch-verklärende Betrachtungsweise, und er findet eine echte Beziehung zu Johanne Luise Heiberg. Beider Vergangenheit ermöglicht eine Annäherung, nachdem die biedermeierlich-idealistischen Fiktionen aufgegeben sind.
Andersens Verletztheiten sind keine Überempfindlichkeiten, keine Sentimentalitäten, sondern Zeichen seiner ihm gebliebenen Spontaneität und Empfindsamkeit. Heiberg dagegen, der nie die Lebendigkeit seiner Frau oder Andersens besessen hat, bleibt der Lehrmeister. Ihm sind Nähe und Liebe verwehrt. Ein Maßstab für Erfolg und Kälte.

Wenn Sie sich als Nutzer registrieren, können Sie hier online Ansichtsexemplare beim Verlag anfordern.


Vertrieb:

Suhrkamp Verlag AG / Suhrkamp Theater Verlag
Torstraße 44
10119 Berlin
Telefon: 030 740744395

theater@suhrkamp.de
www.suhrkamptheater.de
Mitglied im VDB


Bezugsbedingungen des Verlags